Hallo & schön, dass du da bist!!

Ich heiße Lina, bin 34 Jahre alt und lebe mit der chronischen Darmerkrankung Morbus Crohn und einem künstlichen Darmausgang. Zwischen den ersten Beschwerden und der Diagnose liegen mehrere Jahre. Wann alles anfing, kann ich überhaupt nicht sagen. Schon in meiner frühesten Kindheit hatte ich ständig mit Übelkeit zu kämpfen, irgendwann kamen Bauchschmerzen und Durchfall dazu. Im Jahr 2000 bekam ich dann endlich die Diagnose Morbus Crohn. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine heftige Bauchspeicheldrüsenentzündung, unzählige Durchfälle am Tag und wog nur noch knappe 30 Kilogramm. Ich war so geschwächt, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Die Ärztin sagte meiner Mutter bei der Aufnahme, dass mein Zustand sehr kritisch sei. Wäre ich ein paar Tage später ins Krankenhaus gekommen, hätte ich mich nicht mehr zurück ins Leben kämpfen können. Damals war ich 11 Jahre alt. Nach meiner Diagnose bekam ich Medikamente, die den Crohn in Schach hielten. Unter anderem Cortison. Mein Körper veränderte sich. Ich nahm durch dieses Medikament so stark zu, dass meine Mutter mich kaum wiedererkannte, als ich aus meiner drei-wöchigen Kur zurückkam.
Und dann musste ich zurück in die Schule: Die Lehrer fragten meine Mitschüler, wann ich wiederkäme, obwohl ich direkt daneben stand. Freunde, die sich von mir abwandten, Kinder der ganzen Schule, die mit dem Finger auf mich zeigten, mich anstarrten, laut über mich redeten und sich über mich lustig machten. All diese Dinge waren sehr verletzend und ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich damit zurecht kam. Ich gab meiner Erkrankung damals die Schuld für einfach alles. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich meine Medikamente nur noch sehr selten bis gar nicht nahm. In diesem Moment existierte die Erkrankung für mich nicht und ich fühlte mich “normal”. Ich ging zu keinen Ärzten oder irgendwelchen Vorsorgeuntersuchungen. Ich nahm die Schmerzen und Durchfälle einfach hin. Mein Dickdarm hat über die Jahre hinweg sehr gelitten. Das Resultat waren drei Stenosen (Verengungen) und sehr, sehr viele Vernarbungen. Außerdem hat sich eine Pancolitis entwickelt, was bedeutet, dass der komplette Dickdarm befallen und hochgradig entzündet ist. Zu dieser Zeit hatte ich sehr starke Schmerzen, Koliken und Durchfälle. Ich habe meine Wohnung kaum verlassen können. Ich wollte mich nicht untersuchen lassen, weil ich Angst vor dem Ergebnis hatte und schleppte mich immer wieder zur Arbeit. Inzwischen verbrachte ich mehr Zeit auf der Toilette, als irgendwo anders. Ich hatte sehr starke Schmerzen und Schweißausbrüche. Ich zog es so lange durch, bis ich zitternd auf dem Badewannenrand zusammenbrach. Ich war am Ende meiner Kräfte und konnte diese Schmerzen und meinen pysischen Zustand einfach nicht mehr ertragen. Ich habe in meiner Jugendzeit und als junge Erwachsene sehr viele Fehlentscheidungen getroffen. Mein Mann hat mich damals dazu gedrängt, einen Gastroenterologen aufzusuchen und dafür bin ich ihm auf ewig dankbar. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch hier wäre, wenn er nicht an meiner Seite gewesen wäre. Heute weiß ich natürlich, dass ich mit Medikamenten und dem richtigen Arzt an meiner Seite ein schöneres und weniger mit Schmerzen und Durchfällen durchzogenes Leben geführt hätte. Durch meine Fehler habe ich es zugelassen, dass der Crohn sich so lange ausgetobt hat, bis mein Dickdarm völlig hinüber war. Wer weiß, vielleicht hätte ich mein Stoma nicht, wenn ich mich anders verhalten hätte. Mit meinem heutigen Wissen würde ich vieles anders machen. Trotz allem bereue ich es aber keinesfalls mich für das Stoma entschieden zu haben.



Ist das Leben mit einem Stoma nicht schrecklich?


Für mich absolut nicht. Dieser kleine Beutel am Bauch hat mir extrem viel an Lebensqualität zurückgegeben. Er hat mir ein neues Leben geschenkt und ich bin für jeden Tag, jede Stunde, Minute und Sekunde, die ich genießen kann, unendlich dankbar. Mit dem Stoma kann ich wieder vor die Tür und muss nicht direkt nach der nächsten Toilette Ausschau halten. Ich kann essen was, wann und wo ich möchte. Ein Leben mit einer CED und/oder einem Stoma kann natürlich Einschränkungen mit sich bringen, aber trotz allem kann man ein schönes und erfülltes Leben führen. Und genau darum soll es hier auf diesem Blog gehen: Über das Leben mit einer chronischen Darmerkrankung und einem Stoma – über mein Leben. Ein schönes Leben, aber eben auch mit Einschränkungen. Auf meinem Instagram-Account berichte ich schon seit einiger Zeit von meinem Leben mit Morbus Crohn und Stoma. Mich erreichen fast täglich Nachrichen. Von Menschen, die ein Stoma bekommen sollen und eine Menge Fragen und Ängste haben. Von Menschen, die bereits ein Stoma haben, sich allerdings nicht trauen offen darüber zu sprechen. Von Menschen, die mich stark und mutig finden, weil ich offen daüber spreche. Mich berühren diese Nachrichten sehr und es macht mich glücklich, wenn ich helfen und Mut machen kann.
Trotzdem sollte man nicht stark und mutig sein müssen, um offen darüber sprechen zu können. Es sollte selbstverstädlich sein.

Was hat mich also dazu gebracht, diesen Blog tatsächlich umzusetzen?

IHR seid der Grund.
Ich möchte euch ermutigen, aber auch aufklären.
Ich möchte über Tabu-Themen sprechen, die eigentlich keine sein sollten.
Ich möchte euch an meinen Gedanken teilhaben lassen und mitnehmen auf meinem Weg zu einem glücklichen Leben mit Stoma.
Ich freue mich über jeden, der mich dahin begleiten möchte.

Was hat sich verändert seitdem ich diesen Blog ins Leben gerufen habe?

Im Jahr 2019 habe ich den Stomalicious Shop ins Leben gerufen. Dort gibt es vor allem Stoma Cover, die ich nähe, um anderen Stomaträger:innen den Beutel zu verschönern. Hierdurch habe ich sehr viel Kontakt zu anderen Betroffenen und freue mich immer sehr, wenn ich dazu beitragen kann, diesen neuen Lebensabschnitt zu akzeptieren. Inzwischen hat sich der Shop vergrößert und es gibt einige Artikel für CED- Patient:innen oder chronisch kranke Menschen, die das Leben verschönern oder erleichtern sollen.

Im Jahr 2020 geschah dann mein ganz persönliches kleines Wunder:
Ich bin Mama geworden!
Die Ärzte sagten mir im Vorfeld, dass es für mich sehr schwierig werden könnte schwanger zu werden, aufgrund der Verwachsungen, die durch die Operationen entstanden sind.
Leider ist meine Schwangerschaft mit vielen Komplikationen verlaufen, aber wir haben es geschafft und erholen uns von dieser Reise. Ich liebe meine kleine Familie und auch wenn die Mutterschaft als chronisch kranker und behinderter Elternteil sehr kräftezehrend und herausfordernd ist, kann ich mir nichts schöneres vorstellen.
Auf dem Blog gibt es schon einige Beiträge zum Thema Schwangerschaft, ich freue mich sehr, wenn ihr dort mal vorbeischaut.

Ansonsten freue ich mich auch immer über Wünsche oder Anregungen. Schreibt mir gern eine Mail an kontakt@stomalicious.de oder über Instagram @_about.lina