SOS – Erste Hilfe bei Wunden am Stoma

Durch meine chronische Erkrankung Pyoderma Gangraenosum kommt es bei mir am Stoma immer mal wieder zu Wunden. Inzwischen weiß ich ganz gut, was mir hilft und was nicht. Als die Erkrankung 2018 erstmals an meinem Stoma ausbrach, ist sehr viel falsch gelaufen und ich habe mich restlos überfordert gefühlt.

Was ist Pyoderma Gangraenosum denn überhaupt?

Pyoderma Gangraenosum (auch Dermatitis ulcerosa genannt) ist eine Autoimmunerkrankung der Haut. Anfangs bilden sich Papeln und Pusteln, die zunehmend größer werden und ineinander übergehen. In der Regel kommt es an einer Stelle großflächig zu einer Geschwürbildung und letztendlich zum Absterben der Haut. Dieser ganze Prozess ist sehr schmerzhaft, gerade am Stoma. Es klebt permanent eine Stomaplatte auf der Wunde, die ständig entfernt und wieder neu angebracht werden muss. Durch das Austreten von viel Wundflüssigkeit oder dem Unterlaufen der Platte (mir lief der aggressive Dünndarmstuhl ständig in die offene Wunde) muss die Versorgung auch deutlich häufiger gewechselt werden.

Das Thema Pyoderma Gangraenosum werde ich noch einmal ausführlicher behandeln und die Fachexpertise meiner Stomatherapeutin einfließen lassen – nur würde das hier leider den Rahmen sprengen.

Vor einigen Monaten hatte ich mal wieder eine Wunde am Stoma. Zum Glück war sie nicht riesig, sondern überschaubar. Allerdings kam sie wieder einmal aus dem Nichts. Am Tag zuvor war noch keine Spur einer Wunde oder beanspruchter Haut zu sehen und keine 24 Stunden später war sie dann da. Inzwischen habe ich für mich eine Liste in meinem Kopf, die ich nach und nach abarbeite. Mittlerweile kenne ich mich ja (leider) ganz gut damit aus. Meine Stomatherapeutin nennt mich schon immer einen Profi in Sachen Wunden und Pyoderma.

Bevor ich meine Liste nun mit dir teile, möchte ich noch auf ein paar Dinge aufmerksam machen, die wirklich ganz wichtig sind:
Die Vorgehensweise, die mir hilft, muss nicht zwangsläufig für dich ebenfalls die Richtige sein. Jede Haut ist anders und benötigt daher auch eine individuelle Behandlung. Es ist wichtig immer die zuständigen Stomatherapeut:innen mit ins Boot zu holen und es nicht einfach auf eigene Faust zu regeln. Leider kann man durch eine schlechte beziehungsweise falsche Behandlung von Wunden (oder der Haut im Allgemeinen) die Situation noch deutlich verschlimmern.
Ein mindestens genauso wichtiger Punkt ist die Ursache. Wo kommt die Wunde oder gereizte/gerötete Haut her?
Denn nur, wenn “der Übeltäter” gefunden und beseitigt wird, kann sich auf Dauer etwas daran ändern. Ansonsten wird es immer wieder zu diesen oder ähnlichen Problemen kommen.
Wenn beispielsweise zu viel Druck auf die Haut ausgeübt wird, ist es durchaus möglich, dass eine Wunde entsteht. Druck ist nicht nur durch die falsche Stomaversorgung möglich, sondern auch durch einen Stomagürtel, eine falsch angepasste Bandage, eine Hernie oder auch den Bund der Jeans/Hose, wenn er zu stark auf die Haut drückt.
All diese Dinge, die ich aufgezählt habe, haben bei mir schon Wunden verursacht. Das geht wirklich deutlich schneller, als man vermuten würde.
Gereizte/ gerötete Haut kann ebenfalls viele Ursachen haben. Bevor man irgendwelche Stoma Produkte, wie zum Beispiel Sprays oder Cremes verwendet, sollte unbedingt der Auslöser gefunden werden, um eine langfristige Besserung zu erzielen.
Falls die Platte des Öfteren unterläuft, wäre es ratsam mit Absprache der Stomatherapeut:innen eine andere Versorgung zu finden, die besser funktioniert. Ich habe über zwei Jahre gesucht, bis ich das Passende gefunden habe und wirklich so gut wie alles ausprobiert. Umso glücklicher bin ich, dass ich nun eine für mich perfekte Lösung gefunden habe.

Vielleicht kommt es auch zu Reizungen der Haut durch die Stomaplatte. Jede Platte ist anders zusammengesetzt, hat einen individuellen Hautschutz und damit auch immer andere Inhaltsstoffe/Materialien.
Gute Stomatherapeut:innen erkennen diese aufgezählten Problematiken und können dabei helfen eine passende Alternative zu finden. An dieser Stelle möchte ich noch einmal erwähnen, dass es sehr wichtig ist, gut betreut zu werden. Wenn du unzufrieden bist, ist es wirklich eine Überlegung wert, deinen Stomatherapeuten/ deine Stomatherapeutin zu wechseln. Über dieses Thema habe ich vor einiger Zeit schon einmal einen Beitrag veröffentlicht, den du hier findest:
http://www.stomalicious-blog.de/woran-erkenne-ich-gute-stoma-therapie/

Es folgt nun meine Erste-Hilfe-Liste bei Wunden am Stoma:

  1. Meine Stomatherapeutin kontaktieren. Denn auch, wenn ich eigentlich weiß, was zu tun ist, bitte ich sie um eine Einschätzung. Damit fühle ich mich einfach sicherer. Sie unterstützt mich da vollkommen und möchte in regelmäßigen Abständen Bilder der Wunde sehen, um die Fortschritte beurteilen zu können. Sie gibt mir damit Sicherheit, dass alles nach Plan läuft.
  2. So schnell wie möglich handeln! Je länger ich warte, desto schlimmer wird die Wunde bei mir. Sie vergrößert sich und der Heilungsprozess wird damit deutlich in die Länge gezogen.
  3. Reinigung der Wunde mit Kochsalzlösung! Ein desinfizieren der Wunde durch Wunddesinfektion (z.B. Octenisept) oder Kontaminationsmittel (z.B. Prontosan) ist nicht erforderlich. Die Wunden sind ständig mit Stuhl kontaminiert, somit wäre ein desinfizieren absolut überflüssig. Zudem kann durch diese Mittel die Haftigkeit der Platte nicht mehr gewährleistet werden, sie könnte sich also schneller von der Haut lösen.
  4. Eine adäquate Behandlung der Wunde ist ganz wichtig, um die Heilung zu unterstützen. Ich nutze hier entweder Hydrokolloid-Puder, Hydrofaser oder eine mit medizinischem Honig imprägnierte Wundauflage. Meist beginne ich mit dem medizinischen Honig, da es bei mir die Wundheilung extrem beschleunigt und sobald es gute Fortschritte gemacht hat, steige ich auf Hydrofaser und/oder Hydrokolloid-Puder um.
    Zusätzlich hierzu verwende ich noch ein Hydrokolloid Pflaster, welches ein Angreifen/Beanspruchen der Haut durch das Wundsekret verhindert.
    Um das Ganze etwas besser nachvollziehen zu können, folgt weiter unten eine kurze, zusammenfassende Erklärung der zuvor genannten Wundversorgungen.
  5. Unterstützende Medikamente verwenden! Bei mir funktioniert eine Stoßtherapie mit Cortison wunderbar, um die Wundheilung zu beschleunigen. Diese Vorgehensweise ist natürlich mit den Fachärzten meines Vertrauens abgesprochen, sodass ich sie nicht jedes Mal um eine neue Einschätzung oder Erlaubnis bitten muss. Wenn ich mir jedoch unsicher bin, kann ich mir auch hier jederzeit einen Rat einholen.
  6. Eine eiweißreiche Ernährung kann den Heilungsprozess von (chronischen) Wunden ebenfalls beschleunigen- also schaue ich, dass ich in dieser Zeit meine Ernährung etwas umstelle.

 

Gerade beim Thema Haut und Wunde gibt es ganz viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Hierfür ist es sehr wichtig, dass medizinisches Fachpersonal (entweder die zugehörigen Stomatherapeut:innen oder die behandelnden Fachärzt:innen) sich einen Überblick verschaffen, um dir eine bestmögliche Hilfe sein zu können. Wenn du “auf gut Glück” irgendwelche Stoma Produkte verwendest oder Wundauflagen, ohne zu wissen, welche Art von Wunde es ist, kann es durchaus passieren, dass sich deine Haut oder die Wunde deutlich verschlechtert.
Als ich 2018 die Diagnose Pyoderma Gangraenosum bekam, war die Wunde bereits zwei Monate vorhanden und wurde täglich größer. Ich habe sie bis dahin falsch behandelt und bin mir sicher, dass mir so einiges hätte erspart bleiben können, wenn es nicht als Wundheilungsstörung abgetan worden wäre, sondern eine adäquate Wundversorgung stattgefunden hätte.
Es wäre mir einiges an Zeit, Geld, Schmerzen und auch sehr vielen traumatischen Erlebnissen erspart geblieben und genau das wünsche ich mir für jede einzelne Person da draußen.
Ich weiß wie schlimm das ist und wünsche es wirklich niemandem. Ich war hilflos und habe mich restlos überfordert gefühlt. Ich habe nach jedem noch so kleinen Strohhalm gegriffen, der sich mir geboten hat und dafür leider auch ein kleines Vermögen für Dinge ausgeben, die eigentlich medizinisch notwendig waren, mir aber angeblich nicht zustanden. Wie sich später dann aber herausstellte, standen sie mir offenbar doch zu und ich hätte dieses Vermögen nicht ausgeben müssen. Meine größten Kosten sind durch den medizinischen Honig und Pflasterentferner OHNE Alkohol entstanden. Bei Wunden und gereizter Haut bitte nie, nie, nie, niemals Pflasterentferner mit Alkohol verwenden, das sind Schmerzen aus der Hölle! (Wie bereits erwähnt, habe ich alles probiert, was mir angeboten wurde, auch wenn es leider oft der falsche Weg war.)
Inzwischen weiß ich, dass sowohl Pflasterentferner ohne Alkohol auf dem Hilfsmittelverzeichnis steht, der von der monatlichen Versorgungspauschale von der Krankenkasse abgerechnet werden kann. Ebenso Wundauflagen mit medizinischem Honig.

Also folgt hier zum Abschluss noch ein kleiner Tipp von mir: Falls du dir unsicher bist, ob dir etwas zusteht oder nicht, bitte deine/n Stomatherapeut/in in dem Hilfsmittelverzeichnis nachzusehen.

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Wundauflagen:

Hydrofaser (z.B Aquacel oder Exufiber) ist eine weiche, sterile, nicht gewebte Kompresse oder Tamponade aus Natriumcarboxymethylzellulose1 und regenerierter Cellulosefaser zur Verstärkung. Dieser stark absorbierende Verband nimmt Wundsekret auf und bildet ein weiches Gel. Durch das Gel wird die Wunde feucht gehalten und ein optimales Wundheilungsmilieu geschaffen. Es unterstützt den Heilungsprozess und erleichtert den Abtransport von abgestorbenem Gewebe aus der Wunde ohne Beschädigung des neu gebildeten Gewebes.

Die Wundauflagen mit medizinischem Honig schützen vor Infektionsrisiken, beruhigen und fördern den Heilungsprozess. Es wird für alle Arten von akuten Wunden empfohlen: thermische Verbrennungen 1. und 2. Grades oder radioinduzierte, traumatische Wunden (Abrieb, Risswunden) oder chirurgische Wunden.


Hydrokolloid Pflaster bieten ein feuchtes Wundmilieu für die Heilung und unterstützen den Wundschutz in den letzten Stadien der Wundheilung. Der semipermeable Topfilm2 ist wasser- und bakterienabweisend zum Schutz der Wunde vor externen Faktoren. Er ermöglicht die Verdunstung von Feuchtigkeit und hält ein feuchtes Wundmilieu für die Heilung aufrecht


Hydrokolloid-Puder absorbiert Feuchtigkeit nässender Haut und hält sie nachhaltig trocken. Dies eignet sich also nicht nur für nässende Wunden, sondern auch für gerötete bzw. gereizte Haut am und um das Stoma.

 

1Natriumcarboxymethylzellulose ist das Natriumsalz eines Cellulosederivats und wird in der Wundversorgung als Hydrofaser eingesetzt.
2Semipermeable Folienauflagen ermöglichen den Austausch von Sauerstoff und Wasserdampf, verhindern aber gleichzeitig das Eindringen von Keimen und Fremdstoffen in die Wunde

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