In genau zwei Wochen ist es soweit – mein Stoma wird neu angelegt. Klingt nach einem größeren Ding? Ja, irgendwie schon.
Warum überhaupt eine neue OP?!? Tja, wo soll ich anfangen… Aktuell sitzt mein Stoma ziemlich beschissen. Kein Scherz, es ist wirklich eine Katastrophe. Als es während der Not-OP in meiner Schwangerschaft angelegt wurde, musste es so weit oben und außen wie möglich platziert werden. Das hat zwar in dem Moment meinen und den Arsch meiner Tochter gerettet, aber jetzt – über vier Jahre später – ist es einfach nur noch schwer zu versorgen. Noch besser: Es hat sich unter Hautniveau zurückgezogen. Super praktisch, oder? Nicht.
Das ist aber nicht mal der Hauptgrund für die OP. Im Juni hatte ich einen Darmverschluss, verursacht durch eine Stenose und/oder Verwachsungen. Wer’s kennt, weiß: Das will man nicht nochmal erleben. Also soll die OP das Problem aus der Welt schaffen. Und ganz ehrlich? Die OP an sich macht mir null Angst. Vielleicht bin ich schon zu abgebrüht, weil ich einfach zu viel Mist hinter mir habe. Aber was danach kommt? Davor hab ich richtig Schiss…
2018, nach meiner Kolektomie, hat sich bei mir Pyoderma gangraenosum entwickelt.
Was das ist, findet ihr hier:
https://www.stomalicious-blog.de/pyoderma-gangraenosum-ein-infobeitrag/
Klingt gruselig? War es auch. Die Schmerzen waren unfassbar, wirklich kaum auszuhalten. Ein Jahr lang habe ich gelitten und niemand konnte mir wirklich helfen. Diese Zeit war einfach die Hölle. Und jetzt? Jetzt frage ich mich: Was, wenn das wieder passiert? Ich habe eine fast vierjährige Tochter, die natürlich meine volle Aufmerksamkeit will. Wie soll ich mich um sie kümmern, wenn ich wieder so leide? Wie soll ich meine Umschulung durchziehen? Meine Zukunft planen?
Das ganze Dilemma fing im Juni mit diesem blöden Darmverschluss an. Darüber habe ich bereits berichtet, falls ihr es verpasst habt, könnt ihr es hier nachlesen:
https://www.stomalicious-blog.de/vier-jahre/
Danach hatte ich sooo große Angst davor, dass es zeitnah wieder passiert. Vor allem die geplanten 2 Wochen Urlaub machten mir große Sorgen… Als dann der Chefarzt (der mich in der Schwangerschaft operiert hat) zwei Tage vor meiner Entlassung vorbeikam, sprach ich meine Bedenken an und er versprach mir, dass kurz vor unserem Urlaub einer der Chirurgen draufzuschauen wird, ich mich aber gedanklich mit einer Operation befassen soll, da es langfristig gesehen notwendig sein wird. Zwei Wochen vor dem Urlaub war ich dann also in der chirurgischen Sprechstunde – und um ehrlich zu sein, ich hatte echt Bammel. Die Einschätzung würde ja darüber entscheiden, ob ich mit meiner kleinen Familie in den Urlaub fahren kann oder nicht. Der Chirurg? Zack, Finger kurz ins Stoma, und sofort: „Ja, verengt. Wir müssen zeitnah operieren.“ Er meinte, ich könne erstmal in den Urlaub fahren, aber direkt danach müssten wir operieren. Es war ein super seltsamer Termin, ich fühlte mich nicht ernst genommen. Für ihn war die Sache wahrscheinlich schon klar, bevor er mich gesehen hat. Ich war gerade mal 5 (!) Minuten in dem Behandlungszimmer, in dieser Zeit habe ich meinen Beutel entfernt, er hat “mich untersucht” und ich hab eine neue Versorgung drauf gemacht.
Versteht mich nicht falsch, in dieser Klinik wurde mir und auch meiner damals noch ungeborenen Tochter im Jahr 2020 das Leben gerettet. Als ich im Juni mit dem Darmverschluss dort war, wurde ich absolut ernst genommen und die Ärzte waren mit allem übervorsichtig. Ich hab mich dort gut aufgehoben gefühlt und tue es noch immer (in dem oben verlinkten Beitrag könnt ihr es gern nochmal nachlesen). Es war eben dieser eine Arzt, dieser eine Chirurg, der in dem Moment nicht so reagiert hat, wie ich es mir gewünscht hätte, das hätte in jeder anderen Klinik genauso passieren können…
Aber eben diese eine Situation war es, die mich dermaßen verunsicherte, dass ich meiner Stomatherapeutin keine 10 Minuten später eine Sprachnachricht geschickt habe, weil ich unbedingt ihre Einschätzung brauchte.
Sie fand diesen Termin genauso kurios wie ich und empfahl mir, dass ich mich in der Klinik, in der sie arbeitet, noch einmal untersuchen lasse, auch wenn es für mich ein weiterer Weg ist.
Gesagt, getan. Ich vereinbarte einen Termin, den ich nur einige Tage vor unserem Urlaub (hoffentlich!!) hatte.
Bei der Untersuchung war meine Stomatherapeutin dabei und hat den Chirurgen zuvor schon über alles in Kenntnis gesetzt. Das hat es mir schon enorm erleichtert, weil ich eh schon super angespannt war. Und was soll ich sagen? Der Chirurg dort hat sich wirklich Zeit genommen, war emphatisch, hat mir meine Angst ein bisschen genommen. Es wurde ein Ultraschall gemacht und gründlich geschaut, abgetastet und probiert.
Das Ergebnis: Keine Verengung! Ich konnte also beruhigt in den Urlaub fahren.
Wir haben dann im Anschluss auch noch über die bevorstehende OP gesprochen. Bei der Wunde an meinem Stoma, die ich schon ewig habe, müsse pathologisch geprüft werden, ob es wieder Pyoderma ist. Eigentlich wird bei einer Neuanlage das alte Stoma großzügig ausgeschnitten, weil es einfach schneller geht. Bei Pyoderma kann es aber sinnvoll sein, klein auszuschneiden (auch wenn es deutlich zeitaufwändiger ist), um das Risiko einer Ausbreitung zu minimieren.
Der nächste Schritt war also die Gewebeprobeentnahme – und ich hatte so Schiss davor. Nach dem Trauma von 2018/2019 wollte ich das echt nicht nochmal erleben. Chirurgen, Hautärzte, Gastroenterologen, die sich die Pyoderma Wunde anschauen, berühren, mir Schmerzen zufügen (zwangsläufig). Das war wirklich eine unfassbar schlimme Zeit, in der ich sehr viel aushalten musste.
Aber der Chefarzt hat die Probeentnahme persönlich gemacht, er war super vorsichtig und einfühlsam und meine Stomatherapeutin war die ganze Zeit zum Händchenhalten da. Ich sag’s euch, das war so viel wert. Alles war betäubt und ich habe kaum etwas gemerkt. Anschließend haben wir noch über den OP-Termin gesprochen, und hier stand dann endgültig fest: Das Stoma muss auf die andere Seite verlegt werden.
Also nochmal eine etwas größere Sache.
Jetzt sind es nur noch zwei Wochen bis dahin und je näher der Termin rückt, desto greifbarer wird es auch irgendwie. Aber wie gesagt: Die OP an sich macht mir derzeit keine großen Sorgen (noch nicht jedenfalls). Es ist das Danach, das mir echt Angst macht – gerade wegen der Pyoderma-Erfahrung von 2018.
Aber es gibt auch Positives, das mich beruhigt. Zum einen habe ich diese Reise die beste Stomatherapeutin der Welt an meiner Seite. Wirklich, sie ist Gold wert. Und die Ärzte, die mich dabei betreuen, wissen definitiv, was sie tun. Das gibt mir Hoffnung – auch wenn die Angst bleibt.
So ist das halt: Angst und Hoffnung gehen Hand in Hand. Aber hey, wenn ich eins gelernt habe, dann, dass man auch die schlimmsten Zeiten irgendwie übersteht. Nur halt nicht immer mit einem Lächeln im Gesicht.
Also, auf die nächsten Wochen. Auf zur nächsten OP, zum nächsten Stoma. Zum dritten Stoma. Alle guten Dinge sind drei, oder? Ich hoffe es.